Luftverkehr in Deutschland: Flughäfen und Airlines ziehen an einem Strang


22 Sep 2008 [13:02h]     Bookmark and Share


Luftverkehr in Deutschland: Flughäfen und Airlines ziehen an einem Strang

Luftverkehr in Deutschland: Flughäfen und Airlines ziehen an einem Strang



Freude über Tiefensee-Ministerium. Praktische Umsetzung könnte schneller gehen. Flug-Tickets könnten schon bald um bis zu 20 Prozent teurer werden.

Berlin – Das Board of Airline Representatives in Germany e.V. (BARIG) und der Flughafenverband ADV (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen) präsentierten sich heute zum ersten Mal gemeinsam im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin bei einem Pressegespräch.

„Wir arbeiten bereits seit Jahren eng zusammen. Uns war es wichtig, der Öffentlichkeit und besonders der Politik zu zeigen, dass zwei
unterschiedliche Verbände durchaus mit einer Stimme sprechen können“, so BARIG-Generalsekretär Martin Gaebges. Ralph Beisel,
Hauptgeschäftsführer der ADV ergänzt: „In der derzeitigen turbulenten Marktlage müssen Flughäfen und Fluggesellschaften noch enger an einem Strang ziehen, um die Zukunftsfähigkeit des Luftverkehrsstandortes Deutschland zu sichern.“

Deutschland weiterhin wichtigste Luftverkehrsdrehscheibe Europas

Trotz der dramatisch hohen Ölpreise und der schwächelnden Konjunktur, die Airlines wie auch Airports zu Sparmaßnahmen und
Erhöhung der Ticketpreise zwingen, bleibt der Luftverkehr weiterhin Wachstumsbranche und Deutschland wichtigste Luftverkehrsdrehscheibe Europas. Dies belegen die aktuellen Passagier- und Frachtzahlen auf deutschen Flughäfen: Das erste Halbjahr 2008, bis einschließlich Juli, verweise mit 110 Millionen Passagieren im Vergleich zum Vorjahr ein Wachstum von 4,2 Prozent. Das Luftfrachtaufkommen erlebte mit über 2,2 Millionen Tonnen einen Aufschwung um 9,4 Prozent. Doch: Das Wachstum gerät ins Stocken. „Wir erwarten für das zweite Halbjahr und für den Winter ein Nullwachstum“, prognostiziert Ralph Beisel. Erst
im Laufe des kommenden Jahres werde die Branche wieder auf den Wachstumskurs zurückkehren.

Flughafenkonzept der Bundesregierung

BARIG und ADV begrüßen den aktuellen Entwurf des Flughafenkonzeptes der Bundesregierung. „Wir sehen in dem
Konzeptpapier der Bundesregierung einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des Luftverkehrs und des Standorts Deutschlands insgesamt“,
sagt Ralph Beisel. Der Bund bestätigt die Notwendigkeit eines bedarfsgerechten Ausbaus der Flughäfen sowie für einen Betrieb in den
Tagesrandzeiten und in der Nacht. „Ein Flughafenkonzept muss Planungssicherheit schaffen und die Leistungsfähigkeit der bestehenden Flughäfen stärken. Vor dem Hintergrund des prognostizierten Verkehrswachstums bis zum Jahr 2020 sind gezielte Ausbau- und Erweiterungsmaßnahmen dringend erforderlich“, sagt Ralph Beisel. „Wir brauchen in Deutschland keine neuen Flughäfen, sondern
wir müssen den Kapazitätsengpässen an den bestehenden Verkehrsflughäfen entgegenwirken.“

Doch der Flughafenverband ADV äußert auch Kritik am Flughafenkonzept der Bundesregierung: So hält Ralph Beisel den
Vorschlag, dass alle Flughäfen zusätzlich zu den bereits heute umfänglichen Anforderungen im Rahmen der Planfeststellungsverfahren
noch weitere Kriterien und Nachweise zu erbringen haben, für kontraproduktiv. „Wir appellieren dringend an die Bundesregierung,
die Ausführungen zur Konkurrenzanalyse zu streichen.“ Bereits heute ist die Planrechtfertigung ausgiebig zu begründen. Ein umfassender
Bedarfsnachweis ist Bestandteil eines jeden Planfeststellungsverfahrens. Weitere Kriterien und Nachweise wirken lediglich komplexitäts- und Kosten steigernd.

Weiterhin sei die Bundesregierung aufgefordert, an ausgewählten Flughäfen Nachtflugbetrieb zu ermöglichen. „Um international
konkurrenzfähig zu bleiben, müssen die Betriebszeiten auf deutschen Flughäfen global ausgerichtet sein, vor allem für Langstreckenverkehre, Frachtflüge, Expressdienste und Charterflüge“, so Martin Gaebges. „Dies gilt insbesondere für den Frankfurter
Flughafen, der als Europas größter Frachtflughafen, Deutschlands Vernetzung mit den weltweiten Warenströmen sicherstellt.“

Umwelt und Klimaschutz

Im Hinblick auf die Einbeziehung des internationalen Luftverkehrs in den EU-Emissionshandel ab 2012 fordern BARIG und der
Flughafenverband ADV eine dringende Überarbeitung der Richtlinie. Auch ist die Einbeziehung aller weltweiten Flüge notwendig. „Wir sind auch strikt gegen eine Versteigerung der Zertifikate, die auf einen Anteil von 15 Prozent angehoben wurde“, sagt Gaebges. Dies verleihe dem Emissionshandel den Charakter einer Steuer oder Abgabe und entziehe den Fluggesellschaften finanzielle Mittel, die für
zielführendere Investitionen in neue Technologien einsetzbar wären.

Eine weitere Verteuerung der Flugtickets für Langstreckenflüge von rund 30 bis 40 Euro pro Strecke wäre die Folge. Weitere
kontraproduktive Ideen seien die Einführung einer Kerosinsteuer oder zusätzlicher Ticketabgaben.

Ein Erfolg versprechendes Umweltschutzprogramm im europäischen Luftverkehr sei die Verordnung zum Single European Sky (SES). „Wir postulieren eine schnelle Verabschiedung dieser Verordnung“, sagt Gaebges. Eine europaweite flugbetriebliche Neuordnung im Luftraum würde dazu beitragen, die CO2-Emissionen pro Flug um bis zu zwölf Prozent zu reduzieren. In diesem Zusammenhang sei auch eine Optimierung und Effizienzsteigerung der Flugsicherung gewährleistet. „Die nationalen Beschränkungen der Deutschen Flugsicherung müssen aufgehoben werden, sonst verlieren wir auch hier den Anschluss an Europa“, so Gaebges. Es müssten schnell Gesetze zur Rechts- und Strukturanpassung sowie Kooperation der DFS mit ausländischen Flugsicherungen geschaffen werden. Auch eine Grundgesetzänderung sei zwingend notwendig.

Beim Fluglärmschutzgesetz fordern BARIG und ADV eine baldige und reibungslose Umsetzung des in 2007 aktualisierten Gesetzes. So lasse eine gesetzeskonforme Erstellung des untergesetzlichen Regelwerks durch das Bundesumweltministerium (BMU) immer noch auf sich warten. Das Gesetz regelt für die Anwohner von Flughäfen wichtige Bereiche des Schallschutzes, etwa die Berechnung des Fluglärms, die Dimensionierung der Schallschutzmaßnahmen und die Entschädigungshöhen. „Die betroffenen Anwohner wünschen sich schnell Rechtssicherheit“, sagt Beisel und ergänzt: „Jede weitere Verzögerung durch das BMU als federführendes Ministerium ist untragbar.“

Sicherheit im Luftverkehr

Auch bei der Sicherheitsfrage im Luftverkehr sind sich beide Verbände einig. „Die Sicherheit der Bürger ist eine hoheitliche
Aufgabe und kann nicht allein den Airports oder Airlines auferlegt werden“, erklärt Beisel. Die Aufbürdung der Zuständigkeiten auf die
Unternehmen führe zu erheblichen Mehrkosten für Fluggesellschaften auf deutschen Flughäfen. Obwohl das EU-Parlament eine 50-prozentige Beteiligung der Mitgliedsstaaten empfohlen hat, lehnte der Ministerrat ab. „Airlines und Airports sind bereit, einen Teil der
Kosten zu tragen, erwarten aber auch hier das Entgegenkommen der Regierung“, sind sich die beiden Verbandschefs einig.

Ausblick

Nach Auffassung beider Verbände geht der Trend im Luftverkehr in Richtung eines ausgedünnten Streckennetzes, reduzierten
Flugplanangebotes und höherer Ticketpreise. „Die Airlines sehen sich in einem Teufelskreis durch die vielen Flottenneubestellungen, die
unweigerlich zu Überkapazitäten führen“, schlussfolgert Martin Gaebges. Dadurch gehe auch die Konsolidierungswelle bei den
Fluggesellschaften weltweit weiter. Die Flughäfen sehen sich hingegen einer stärkeren Übernahmerallye durch internationale Investoren
ausgesetzt, so der BARIG-Chef.

Nichtsdestotrotz bleibt die langfristige Prognose für das Luftverkehrsaufkommen in Deutschland bis 2020 ungebrochen positiv. So
wird ein Anstieg der Passagierzahlen auf deutschen Flughäfen von jährlich vier bis fünf Prozent prognostiziert. Die Zahl der
Passagiere im Linien- und Charterverkehr wird von heute 190 Millionen auf über 300 Millionen steigen. Auch die Luftfracht ist mit einem
erheblichen Gesamtzuwachs von prognostizierten 117 Prozent und einer mittleren jährlichen Zuwachsrate von 5,3 Prozent angesetzt.

„Doch zunächst steht der Branche ein harter Winter bevor. Die aktuellen Zahlen lassen erkennen, dass wir wohl erst im kommenden
Jahr wieder auf den Wachstumspfad zurückkehren werden“, mahnt Ralph Beisel. Martin Gaebges ergänzt abschließend: „Wie in jeder Krise, wird es Sieger und Verlierer geben. Die, die überleben, werden viel stärker sein als zuvor.“

BARIG (Board of Airline Representatives in Germany) e.V. vertritt und fördert die gemeinsamen Interessen von mehr als 100
Airline-Mitgliedern. Dazu gehören nationale wie auch internationale Fluggesellschaften aus dem Bereich Linienflug, Ferienflug, Air Cargo
und Business Aviation, die im deutschen Markt tätig sind. Der Verband mit Sitz in Frankfurt am Main setzt sich seit seiner Gründung 1951
für die Verbesserungen der vertrieblichen und operationellen Bedingungen des Flugverkehrs in Deutschland ein. Im Rahmen des
Engagements als repräsentative Einrichtung nimmt BARIG stellvertretend für die Fluggesellschaften Stellung zum Thema
Wirtschaftsfaktor Luftfahrt ebenso wie zu den Perspektiven im Luftverkehr, zu Standortfragen für Flughäfen sowie zu Themen rund um
Fluglärm, Umwelt und Sicherheit. Weitere Einzelheiten auf www.barig.org .

Die ADV – Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen wurde 1947 in Stuttgart gegründet und ist damit der älteste Verband der
zivilen Luftfahrt in Deutschland. Heute vertritt der Flughafenverband ADV die Flughäfen in der Schweiz, Österreich und in Deutschland.

Der Flughafenverband ADV setzt sich für einen leistungsstarken und wettbewerbsfähigen Luftverkehrsstandort Deutschland ein. Die ADV unterstützt alle Maßnahmen, die den bedarfsgerechten Ausbau ermöglichen, die optimale Nutzung der vorhandenen Kapazitäten
gewährleisten, die Intermodalität unterstützen sowie die Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit des Luftverkehrs
fördern.

Passagier- und Frachtaufkommen trotzen den hohen Ölpreisen und der Konjunkturflaute – Aktuelles Flughafenkonzept der
Bundesregierung vom September 2008 stößt auf positive Resonanz – Bedarfsgerechter Ausbau, Verantwortung für Umwelt und Klimaschutz sowie Sicherheit im Luftverkehr einige der Top-Themen beim ersten gemeinsamen Pressegespräch in Berlin – Politik weiterhin stark gefordert.







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